Coucou!
Immer einen Tag frei zwischen der Prüfung zu haben ist irgendwie sehr entspannend.
Gestern haben wir Englisch geschrieben, es lief ziemlich gut, nicht so genial wie Deutsch, aber besser als jede Englisch-Klausur, die ich bisher in meinem Leben geschrieben habe. Tobi war diesmal früher fertig als ich, das wusste ich aber schon vorher, dass das so sein wird, denn er kann besser Englisch und außerdem besser analysieren. Er hat dann auf mich gewartet. Als ich rauskam, sah ich ihn mit seiner Ex-Freundin reden. Neeeeeiiiin, ich bin nicht eifersüchtig! Ich kenne sie, sie ist sehr nett, aber befreundet werden wir wahrscheinlich nie sein, ich glaube, das wollen wir auch beide nicht. Tobi war mit ihr nicht lange zusammen gewesen, zwei Monate oder so. Das war, bevor ich an diese Schule kam. Kein Grund zur Aufregung. Ich mag sie eigentlich sogar gerne, sie ist eine Freundin von V. und kommt immer noch sehr oft zu Tobi nach Hause. Wenn man sich trifft, redet man kurz miteinander, aber mehr nicht. Es gibt hier keine Sticheleien oder Gemeinheiten, sie hat sich mit der Situation abgefunden.
Tobi zieht mich oft damit auf, dass ich vielleicht auf M. eifersüchtig bin, aber das stimmt nicht. Vielleicht ganz selten. Eigentlich habe ich nur Angst, Tobi zu verlieren.
Nach der Englisch-Prüfung hab ich Tobi zur Arbeit gebracht und bin dann mit seinem Auto zur Tanzschule gefahren. Es ist extrem praktisch, dass er ein Auto hat, denn eigentlich ist hier die nähere Umgebung so klein und verschlafen, dass man ohne Auto aufgeschmissen ist. Wir teilen uns die Spritkosten, sind ja zurzeit teuer genug. Abends hab ich ihn dann wieder abgeholt und bei ihm geschlafen. Wir haben noch ein bisschen Mathe gelernt.
Heute muss ich für zwei Stunden zum Französischunterricht. Meine Lehrerin ist der Meinung, dass ich das machen soll, um mich für meine Prüfung vorzubereiten. Sie sagt, es sei mein Abitur. Ja schon, aber das besteht ja nun mal nicht nur aus Französisch.
Heute Nachmittag fahr ich wieder zur Tanzschule, dann wieder Mathe lernen. Ich hab's bis jetzt alleine versucht, Tobi schläft noch. Dafür, dass wir morgen Matheprüfung schreiben, bin ich gerade erstaunlich ruhig. Gestern Abend war ich total aufgelöst. Das kann heute Abend ja was werden. Tobi hatte alle Hände voll zu tun, mich zu beruhigen. Ich weiß nicht, warum, eigentlich will ich das gar nicht. Vor allem will ich nicht, dass er den Stress mit mir hat. Ich habe einfach ein riesengroßes Matheproblem. Das versteht er, er ist derjenige, der mit mir bis zum Umfallen lernt, aber es klappt trotzdem nicht. Ich bin zu unfähig. Wenn ich Mathe überlebt habe, ist alles gut.
Wir schaffen das zusammen, sagt Tobi immer. Meine Probleme wären auch seine Probleme. Dafür liebe ich ihn. Trotzdem wird es morgen tödlich. Ich habe Angst. Angst vor einer dämlichen Matheprüfung.
Manchmal sieht es in mir drin nur so aus. Ich habe heute meine nachdenkliche Phase. Das kommt häufiger vor und es gibt eigentlich nicht viele Menschen, die ich daran teilhaben lasse. Ich stehe manchmal morgens auf und frage mich: Warum ich? Was habe ich getan, dass ich diejenige sein musste? Ich habe meine Geschichte hier einmal aufgeschrieben, irgendwann im Februar. In meinem richtigen Leben gibt es nur zwei Personen, die sie vollständig kennen. Eine Person davon ist die einzige, die von diesem Blog weiß. Selbst meine Allerbeste, ihr konnte ich es einfach nicht sagen.
Tobi weiß es. Er kennt mein Leben, er kennt diesen Blog und liest ihn, er weiß alles, was ich denke und fühle. Die andere Person, die mein Leben kennt, ist logischerweise meine Mama. Mein Leben ist auch ihrs.
Manchmal sitzen Tobi, meine Mama und ich noch bis spät in die Nacht bei uns zu Hause, trinken Kaffee und erzählen darüber. Viele Freunde wissen etwas und verstehen, warum ich so kaputt bin, aber alles kann ich ihnen nicht erzählen. Sollte ich es tun? J., S., L. oder R.? Sie würden es sicher verstehen.
Im Prinzip ist es einfach zu erklären. Standardsätze, die man in jedem zweiten Blog, den irgendein unglückliches Mädchen schreibt, das nicht mehr weiter weiß, findet.
Ich bin nicht unglücklich, ganz im Gegenteil, mein derzeitiges Leben macht mich extrem glücklich, aber ich habe Angst. Nichts lähmt die Flügel der Seele so sehr wie Angst. Manchmal wird mir mit Schrecken bewusst, wie viel Angst eigentlich in mir steckt. Wenn man mich fragt, wovor ich denn eigentlich Angst habe, dann gibt es darauf eine recht simple und vor allem ziemlich alberne Antwort.
Es gibt Menschen, die fürchten sich vor dem Tod. Ich nicht. Es gibt Menschen, die haben panische Angst vor der Dunkelheit. Ich nicht. Ich fürchte mich weder vor dem Tod noch vor der Dunkelheit. Ich habe nur Angst vor den Tränen meiner Mama, woraus sich alle meine anderen bescheuerten Ängste ergeben. Wenn meine Mama weint, ist das der größte Schmerz, den ich empfinden kann. Wenn der Seele die Worte fehlen, schickt sie Tränen.
Wenn Mama weint, muss ich auch weinen. Meistens sind wir dann beide für nichts mehr zu gebrauchen. Wir geben uns gegenseitig den Halt, den wir früher nie bekommen haben.
Im Prinzip ist das Leben ein Test. Wie viel man aushält, bevor man aufgibt und daran zerbricht. Ich wollte noch nie aufgeben, ich bin keine Selbstmordkandidatin, und meine Mama auch nicht. Aber andere wissen nicht, wie das ist. Immer stark sein zu müssen. Weil uns die Realität immer wieder jeden Tag aufs Neue zeigt, wie grausam sie ist.
Das wird jeden Tag überlebt. Jeden Tag Fassade. Jeden Tag. Nein, ich bin einfach nur eine gute Schauspielerin. Ich sollte mit dem Tanzen aufhören und zum Broadway gehen. Ich hab's drauf, denke ich mir. Alles bestens, sieht man doch. Nur für ihn gilt das nicht. Denn er hört mir/uns zu. Er versteht es, er weiß es, er hilft. Manchmal weine ich vor Glück, weil er so wundervoll ist.
Phase beendet. Nicht so viel Melancholie auf einmal.
Ich werde jetzt aufhören, rumzuheulen und zur Schule fahren. Bis dann.
Lots of Love,
Eure Eileen
Hey hallo!
AntwortenLöschenIch wollte dir einfach nur ganz viel Glück für deine Mathe-Prüfung wünschen und du schaffst das! ;-) Verkopf dich nicht zu sehr (ja ich weiß, wenn man selbst in der Situation ist, dann ist das nicht so einfach), aber du schaffst das! :)
Liebe Grüße
Christina