Coucou!
Ihr werdet es nicht glauben, aber ich habe meinen Laptop wieder! Flori ist das größte Genie, das ich kenne. Er hat wirklich alles wieder hinbekommen, der läuft wieder wie Biene! Das heißt, ich kann mich wieder den ganzen Fotos widmen, wieder Filme auskramen und mich austoben. Außerdem habe ich beschlossen, dass bald auch Fotos von mir erscheinen werden, die ich selbst gemacht habe. Mal gucken, wann ich mich dazu in der Lage fühle, ist für mich nämlich ein schwieriger Schritt. Und ich kann von mir leider nicht behaupten, dass ich besonders mutig bin. Im Prinzip bin ich feige. Meine Feigheit geht soweit, dass ich mich nicht traue, anderen zu sagen, dass sie mich verletzt haben. Gleichzeitig kann ich ihnen dann aber die fiesesten Sachen an den Kopf werfen, um meine Wut zum Ausdruck zu bringen. Das nennt man dann gemein sein. Meine Feigheit geht soweit, dass ich die Liebe meines Lebens um ein Haar verloren hätte, da ich zu blind und zu blöd war.
Folgende Geschichte:
Ich bin hierher gezogen, als ich fünfzehn war, und traf auf Tobi. Ich sah ihn und mein Herz drückte "Gefällt mir". Bääääm! Ich glaube an Liebe auf den ersten Blick, denn es ist mir passiert. Und das, obwohl ich zu dieser Zeit einen Freund hatte, mit dem es dann aber schon bald vorbei war, unter anderem wegen Tobi, aber auch noch aus anderen Gründen.
Tobi hat schon immer den Mut gehabt, der mir so erschreckend fehlt. Er schrieb mir einen Liebesbrief, bei dem ich weinen musste, als ich ihn gelesen hatte, so schön war er. Dreizehn Seiten, Wahnsinn. So etwas hatte vor ihm noch keiner getan.
Außerdem schrieb er mir einen Song und hat ihn am Tag der offenen Tür unserer Schule öffentlich vorgetragen, er ist Gitarrist in einer unserer beiden Schulbands. Und er singt auch.
Die besten Liebeslieder schreiben nun mal Männer. Ich war überwältigt. Und überglücklich. Und ich wusste nicht, was ich machen sollte. Auch auf seinen Brief hatte ich nicht geantwortet, ich konnte es einfach nicht, ich bin zu feige. Und der Song vor allen Leuten hat wirklich den Vogel abgeschossen. Ich erinnere mich noch sehr gut an seine Worte: "Dieses Lied ist für das Mädchen, in das ich verliebt bin. Ich hoffe, sie ist hier." Und ich war da. Da ich seine Gefühle aus seinem Brief kannte, wusste ich, dass ich gemeint war. Ich habe vor Freude geweint. Und was gemacht?
Ich bin rausgerannt. Wahrscheinlich ein gewaltiger Lebensfehler, denn Tobi hat es gesehen. Und er war sehr enttäuscht, er dachte natürlich, dass ich nicht das Gleiche empfinde wie er. Was nun? Irgendwie musste ich es ihm sagen. Problemberatung mit S. und R. ergab: "Sag es ihm doch, was kann denn schiefgehen? Der ist bis über beide Ohren verknallt in dich!"
Ich: "Wirklich?"
S.: "Das sieht jeder Blinde. Allein schon, wie er dich anguckt"
Hm, aufbauend war das, aber geholfen hat es nicht wirklich, die Situation blieb, wie sie war. Ich unternahm schüchterne Versuche, die man aber nicht wirklich so bewerten konnte, wie sie eigentlich gemeint waren, bestimmt war Tobi sehr verwirrt. Er hat oft versucht, mit mir zu reden, ich bin ihm aus dem Weg gegangen, aus Feigheit, dabei war ich so sehr in ihn verliebt.
Ein Drama wurde es, als er dummerweise eine total falsch interpretierte Unterhaltung von L. und mir mitbekam. Ich war extrem traurig, und gleichzeitig auch wütend auf mich selbst, dass ich so feige war.
Ich: "Ich werde wahnsinnig! Was soll ich denn machen?"
L.: "Es ihm sagen, wie oft noch? Du hast nichts zu verlieren."
Ich: "Ich kann das nicht. Er ist aber auch ein Vollidiot, er merkt es einfach nicht."
Natürlich war es ganz anders gemeint, doch Tobi, der nur dieses Stück mitbekommen hat, hat es natürlich falsch verstanden und ging. L. hat noch mitgekriegt, dass er alles gehört hatte und schickte mich hinter ihm her. Da lief ich also der Liebe meines Lebens hinterher und holte ihn auch ein.
"Tobi, bitte warte!"
"Lass mal gut sein, ich habe es verstanden!"
"Nein, hast du nicht. Bitte -"
"Mach dir keine Mühe. Aber vielleicht kannst du dir angewöhnen, es jemandem gleich ins Gesicht zu sagen, anstatt hinten rum über drei Ecken." Dann ging er traurig.
Lauf hinterher, Eileen, mach was! Mein Gott, wie erinnere ich mich an meine eigene Aufforderung, irgendetwas zu tun. Und wieder war ich wütend auf mich selbst, denn ich stand da wie angewurzelt.
"Du hast keine Ahnung! Bitte bleib! Ich bin so dumm! Du verstehst das nicht!" Ich habe geschrien. Und dann bin ich weggelaufen, zurück in L.'s Arme zum Ausheulen. Er stand da, völlig verdattert und verwirrt, und hat mir hinterher geschaut.
So, alles versaut, toll gemacht, Eileen. Ich hätte mich auffressen können. Entweder hatte ich geheult oder ich war wütend. Ich habe nicht mitgezählt, in welchen Ausmaßen unser Küchengeschirr dezimiert wurde. Das gab ganz schön Ärger mit Mama, weil ich alles zerdeppert habe. Sie musste danach neue Teller kaufen und hat mir einen Teil der Rechnung vom Konto für die Fahrschule abgezogen. Außerdem bekam ich eine Woche Tanzverbot, die Hölle.
S. und R. hat es gereicht. R. gab mir Tobis Adresse.
"Du fährst dahin und du gehst nicht eher, bis ihr zusammen seid", sagte sie.
"Du rufst mich danach an, aber ich will nur gute Nachrichten hören", fügte S. hinzu.
Was nun? Zu Tobi hinfahren? Hilfe, Schweißausbrüche, Angst, Zittern, wie denn? Konnte ich nicht. Was, wenn er sauer auf mich war? Oder schon aufgegeben hatte? Wenn es einfach zu spät war?
Mama hat sich das nicht länger angesehen, sie hat mir den Zettel weggenommen, mich ins Auto verfrachtet und mich zu Tobi gefahren. Dann hat sie mich an der Straße ausgesetzt und ist zurück gefahren, nun gab es kein Zurück mehr. Heute bin ich ihr sehr dankbar dafür, ich allein hätte das nie geschafft.
Zaghaft hab ich geklingelt und gehofft, dass keiner da war. Die Tür wurde aufgemacht. Tobis Mama. War mir gleich sympathisch, super. Obwohl sie sehr überrascht aussah.
"Hallo, ist Tobi da?" Welchen Mut ich mir da wohl ausgeliehen hatte? Vielleicht hatte meine Mama mir ein bisschen von ihrem abgegeben und mit aus dem Auto geworfen.
Tobis Mama war sichtlich erstaunt. Sie hat mich einmal kurz gemustert, dann sah ich die comicmäßige Glühbirne blinken. "Du bist Eileen." Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. Sie hat mich angelächelt. Und dann hat sie mich reingelassen.
Tobi war in seinem Zimmer, ich hatte angeklopft, doch er drehte sich erst um, als ich schüchtern "Hallo" sagte.
Komplette Verwirrung in seinem Gesicht. Noch viel größere Überraschung. Tausend Fragezeichen. Glück in seinen Augen. Offener Mund. Er starrte mich an.
Tja, der Rest ist bekannt. Drei Jahre und vier Monate sind es mittlerweile. Und ich kann mir nicht mehr vorstellen, mein Leben ohne ihn zu leben. Erwähnte ich schon, dass er meine große Liebe ist?
Ja, so war das. Ich wünsche es jedem. Liebe ist das, was jeder braucht.
Eigenartig, dass ich mich an alles erinnern kann. Aber vielleicht auch besser so. Es ist der Beweis für meine übernatürliche Feigheit. Meine Fresse.
Was ist sonst so passiert? Nicht viel. Tanzschule, Tanzschule, Tanzschule, wem erzähl ich das? Ich bin süchtig. Reine Herzensangelegenheit ist das. Passt.
Lots of Love
Eure Eileen
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