Bei meinen Lieblings-Blogs an zweiter Stelle steht die Luisa Lion von Style Roulette. Ihr folge ich noch nicht so lange, denn ich habe sie leider erst sehr spät entdeckt und dann erst mal eine Weile gebraucht, um ihren gesamten Blog, also alle Posts von über zwei Jahren, durchzulesen, denn wenn ich etwas gut finde, will ich alles davon aufsaugen ;)
Vor einiger Zeit hat sie einen kleinen Film gepostet, in dem sie selbst auch mitspielt. Es ist eine Dokumentation über das Thema Selbstinszenierung.
Ich empfehle jedem, sich dieses lehrreiche Filmchen einmal anzusehen, mich hat es zumindest sehr zum Nachdenken gebracht und deshalb werde ich jetzt meinen ellenlangen Senf dazu mal aufschreiben! Das Ganze ist sehr subjektiv und meine eigene Meinung, es stört mich also nicht, wenn das jemand anders sieht.
Was ist Selbstinszenierung? Jede freie Minute habe ich darüber nachgedacht, schon die gesamte letzte Woche. Jeder Mensch inszeniert sich im Prinzip selbst, das war mir vorher gar nicht so bewusst gewesen. Aber schon allein, wie man sich anzieht, wie man aussieht, wohin man geht, was man macht, was man sagt und vor allem wie man es sagt. Die einen erhalten mehr Aufmerksamkeit, die anderen weniger.
In dem Film ist das Thema ziemlich wissenschaftlich und vor allem eher kritisch aufgegriffen, was mir persönlich gut gefallen hat. Eigentlich mag ich es nicht, wenn Menschen aus jeder Kleinigkeit eine Wissenschaft machen, aber es kommt dabei immer ein bisschen darauf an, worum es geht. Einige Sachen sind ja wirklich ein kleines Phänomen, vor allem, wenn sie durch Medien verstärkt werden können. So auch das Thema "Selbstinszenierung".
Je mehr ich darüber nachdenke, desto faszinierender und spannender finde ich dieses Phänomen, wie es im Film ja auch mehrmals genannt wird. Vielleicht sollte ich nochmal überdenken, was ich ab Oktober studieren will ;)
Es steht für mich die Frage im Raum, ob so viel "Selbstinszenierung" überhaupt nötig ist oder ob wir alle nur an Aufmerksamkeitsdefiziten leiden. "Der Drang zur Selbstinszenierung" klingt ja auch ein wenig, als ob es wie ein Wettbewerb ist. Der, der die meiste Aufmerksamkeit bekommt, der hat es am leichtesten, der wird von der beeinflussten Masse auf Händen getragen. Alle machen natürlich mit, denn jeder will etwas vom Kuchen haben. Hm, Gruppenzwang konnte ich noch nie leiden. Aber so kommt die Grundaussage des Films bei mir an.
In dieser Dokumentation werden drei Personen vorgestellt, die sich auf ihre eigene Art selbst inszenieren. Das ist Luisa als erfolgreiche Modebloggerin, Kickboxer Julian, der sich eine internationale Karriere wünscht, und Noah, die als Moderatorin Erfolg haben möchte. Sie werden in ihrem alltäglichen Leben von Kamerateams begleitet, damit man einen Einblick bekommt, was sie tun, um ihrem Ziel näher zu kommen. Als ob es so einfach wäre, dass heutzutage jeder berühmt werden kann.
Von diesen frei Personen am sympathischsten ist mir immer noch Luisa, und das nicht nur, weil ich ihren Blog verfolge und toll finde, sondern weil sie für mich die Einzige von den dreien ist, die ihr eigenes Ding durchzieht und sich nicht verbiegen lässt.
Das ist mit einem Blog ja auch viel einfacher, denn da kann man sich austoben und im Prinzip machen, was man will. Niemand schreibt einem vor, was man zu posten hat, ob es letztendlich bei den Lesern ankommt, erfährt man zwar erst hinterher, aber dadurch, dass man vorher nie sicher sein kann, ob das gut ist, was man macht, finde ich, wirkt das Ganze noch ein bisschen realer. Luisa ist ihr eigener Herr, sie inszeniert sich, wann sie es will, wie sie es will und wo sie es will. Ob nun über ihren Blog, über Youtube oder Facebook, das spielt keine Rolle. Ihre Leser mögen sie wahrscheinlich, weil sie das tut, was ihr Spaß macht. Dass das nun zufälligerweise ganz vielen anderen gefällt, ist eben Glückssache. Wobei sie es meiner Meinung nach mehr als verdient hat! Sie bloggt seit über zwei Jahren über Mode und Fashion und hat sich bereits eine ziemlich große Fangemeinde aufgebaut und viel Einfluss erlangt, so dass sie mit Modefirmen zusammen arbeiten darf und zu Modeevents eingeladen wird. Da steckt natürlich viel harte Arbeit hinter, das kommt nicht alles von heute auf morgen. Aber ich bewundere sie dafür, dass sie das geschafft hat und nun in der Modewelt ziemlich weit oben mitmischt. Ich wünsche ihr natürlich noch viel mehr.
Kickboxer Julian lässt sich coachen und erhält Trainingseinheiten, um professionell zu wirken und besser anzukommen. Dadurch schlüpft er in eine Rolle, die bei mir nicht unbedingt positiv ankommt. Man soll authentisch wirken, trotzdem professionell, aber man soll man selbst bleiben. Schwierig. Einige bekommen das hin, zum Beispiel würde ich das bei Lady GaGa so sehen, obwohl sie mir tierisch auf den Keks geht, aber Julian wurde in eine Schublade gestopft. Meine Meinung ist natürlich nur subjektiv, jeder nimmt ja etwas anderes wahr, auf jeden wirkt so etwas ganz unterschiedlich. Ich bin eben so gewickelt, dass ich mich niemals coachen lassen würde. Lernen, natürliche Emotionen rüberzubringen, kann man eigentlich nur ganz alleine, wenn es echt wirken soll. Julians Ehrgeiz in allen Ehren, aber wenn er in der Branche ganz nach oben will, wird seine Inszenierung im Prinzip von irgendwelchen Managern oder Firmen vorgeschrieben. Er lässt sich ziemlich verbiegen, wie soll er dann noch echt und als er selbst rüberkommen? Wer weiß, andere würden mich jetzt wahrscheinlich vollmotzen, wie ich nur so etwas sagen kann, weil der Junge auf sie doch ganz anders wirkt. Meine Meinung gehört zu meiner eigenen Selbstinszenierung.
Noah, die Fernsehmoderation, ist für mich der größte Streitpunkt von den dreien. Wenn man etwas moderiert, schlüpft man sowieso in die größte Rolle der Selbstinszenierung. Ob die echt ist, darüber würde ich persönlich eher streiten. Man hat einen Text, den man zu sagen hat, das Aussehen wird bestimmt, jeder Schritt und jede Sekunde wird durchgeplant. Selbst ihr Styling wird von anderen entschieden, Maskenbildnerin trifft es hier wortwörtlich. Geht es nur um Äußerlichkeiten, um gut anzukommen?
Ich guck nicht besonders viel Fernsehen und Talkshows eigentlich nur, wenn mich das Thema interessiert. Aber ich achte bei den Moderatoren vielmehr darauf, was sie sagen als darauf, dass die rote Hose nicht mit der Farbe des Lippenstiftes übereinstimmt. Wahrscheinlich bin ich da ein bisschen verschoben. Früher in der Schule sollten wir Talkshows analysieren, ich hatte meistens das Thema verfehlt. Irgendwie glaube ich sogar, dass die meisten Menschen darauf achten, wie jemand etwas sagt, wie seine Körperhaltung dazu ist, seine Gestik, seine Mimik. Und daraus ergibt sich dann ja, ob er das, was er sagt, auch vertritt. Wenn man sich mit seinem Aussehen und seiner Körpersprache gut fühlt, wirkt man automatisch selbstbewusster. Ist das alles, was einen guten Moderatoren ausmacht? Kann es im Prinzip egal sein, was er sagt, wenn er dabei nur gut aussieht und schön lächeln kann? Das kann ich gar nicht glauben. Make-Up verändert gewisse Werte und die gesamte Person natürlich nicht, also man hat dann immer noch seinen eigenen Stil, aber ich persönlich würde ja schon wahnsinnig werden, wenn man mir vorschreibt, welches Make-Up, welchen Lidschatten, welchen Lippenstift und welches Haarspray ich nehmen soll, damit ich angeblich viel besser wirke. Wenn man mich wie eine Barbiepuppe anpinselt und ich mich damit nicht wohl fühle, wie soll das dann bitte authentisch wirken? Oder ist das jetzt der Trend, dass man sich verkleidet, eine Maske aufsetzt?
Das meine ich nicht nur so, weil ich Luisas Blog und sie selbst als Person schon total ins Herz geschlossen habe, sondern weil ich einfach mit so viel hochgepushtem Glitterkram, perfektionierten Fassaden und Schauspielerei, um echt zu wirken, nichts anfangen kann. Wenn in der heutigen Welt wirklich der Drang zur Selbstinszenierung herrscht und sich die meisten irgendwo hinstopfen lassen, um auch mitmischen zu können und Aufmerksamkeit zu bekommen, gleichzeitig aber alle sie selbst bleiben sollen, um echt zu wirken, dann ist das für mich gefährliches Glatteis. Wenn ich wirklich das Bedürfnis danach hätte, würde ich vielleicht auch das Projekt eines Modeblogs starten, denn da ist man wenigstens sein eigener Herr und muss niemandem gehorchen, obwohl im Film die Rede davon ist, dass man heute in der medialen Welt sich den Regeln der Medien unterwerfen muss, um anzukommen. Muss das wirklich sein?
Das Internet war mir schon immer suspekt. Auch damals vor einem Jahr, als ich angefangen habe zu bloggen, da war es sogar noch schlimmer. Mein Blog ist nur mein Tagebuch, das sieht man ja sehr deutlich an der Leserzahl. Ganz ehrlich, ich brauche das nicht. Ich schreibe, weil es mir gut tut, weil ich so viele Dinge am besten verarbeiten kann und weil ich für die klassische Tagebuch-Variante leider nicht die nötige Zeit habe. Natürlich inszeniere ich mich auf die Art auch irgendwie selbst, denn all das ist immerhin mein Leben und ich teile es mit der Öffentlichkeit. Das war aber nie das Ziel meines Blogs. Es ist mir im Prinzip egal, wer sich das durchliest und seinen Senf dazu gibt und wer es eben bleiben lässt. Versteht mich nicht falsch, ich freue mich immer über ehrliche, sachliche und lehrreiche Kommentare, aber die Follower-Zahl hat nicht einen ganz so hohen Stellenwert. Ich könnte wahrscheinlich nie berühmt sein, weil ich es nicht mag, total im Mittelpunkt zu stehen, ich brauche kein Rampenlicht. Ich habe mir mit diesem Blog ein kleines Bisschen meine eigene Welt aufgebaut, er ist jetzt ein Jahr alt. Weiterentwickelt habe ich mich in dieser Zeit schon, auch wenn es für viele wahrscheinlich nicht zu sehen ist. Ich habe ständig von Veränderungen geschrieben, aber viele werden sich fragen: Ja, was hat sie denn nun verändert? Gar nichts, bis auf ein bisschen Design. Das mag vielleicht stimmen, aber ihr wisst nicht, wie es in mir aussieht. Es war mir von Anfang an klar, dass dieser Blog mein Marmeladenglas wird, das eben nicht nur für mich zugänglich ist, sondern auch noch für viele andere. Aber das entscheidet jeder selbst. Ich bettle nicht um Kommentare und Leser in sozialen Netzwerken, ich habe zwar Blog-Zug, allerdings funktioniert das zur Zeit bei mir eh nicht, ich schreibe hin und wieder Kommentare und freue mich auch über Antworten, aber ich lebe ein bisschen mein eigenes Blogger-Leben, abgeschirmt von der "sich inszenierenden" Außenwelt.
Medien können gefährlich sein. Je nachdem, wie man mit ihnen umgeht, wer mit ihnen umgeht und wo man mit ihnen umgeht. Ich glaube, ich habe für mein Leben lang den totalen Knacks zu diesem Thema wegbekommen, deshalb schaffe ich es ja eben auch nicht, das anonyme Dasein zu verlassen. Vor einem Jahr habe ich dennoch wirklich lange überlegt, ob ich nicht doch vielleicht das Projekt eines Mode- und Fashionblogs starten möchte. Getraut habe ich es mich dann doch nicht, und zwar aus zwei Gründen. Zum Einen bin ich immer noch nicht so weit, dass ich vergessen kann, was damals passiert ist, ich möchte also nach wie vor anonym bleiben und nicht mein Gesicht zeigen und da wird die eigene Inszenierung ja schon automatisch drastisch blockiert, denn wenn niemand weiß, wie ich aussehe, wie soll ich dann auf andere wirken, wie sollen mich andere dann wahrnehmen? Und zum zweiten habe ich schlicht und einfach zu wenig Zeit, um regelmäßig über Mode, Beauty und Fashion zu posten. Da ist meine derzeitige Arbeit im Ausland, die wirklich ganz schön schlaucht und nicht zu unterschätzen ist, da ist meine Tanzschule in Deutschland, für die ich Leib und Seele aufopfere und voll bei der Sache bin, und da ist auch mein späteres Studentenleben, das im Oktober beginnt und das ich erfolgreich meistern möchte. Wenn man aber mit einem Modeblog Aufmerksamkeit erregen und vor allem viel beeinflussen will, muss man präsent sein und immer Neues posten, am besten mehrmals pro Woche, das habe ich schon gelernt. Ich kann es mir aber nicht leisten, mein derzeitiges Leben davon ein bisschen abhängig zu machen. Dafür bin ich zu neugierig für das Ausland und zu sehr Tänzerin durch und durch.
Als ich angefangen habe, bin ich da ein wenig spröde rangegangen. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum ich das tue, wenn es doch keinen interessiert. Dass es für mich selbst ist, es hat eine Weile gedauert, bis ich das kapiert habe. Und mittlerweile interessiert es mich eben auch nicht mehr, ob und wen es interessiert. Ich bin echt nicht so der Aufmerksamkeitstyp, ich brauche eigentlich keine Selbstinszenierung, obwohl sich ja jeder Mensch irgendwie selbst inszeniert, die einen mehr, die anderen weniger. Dass jede Begegnung mit einem anderen Menschen davon geprägt ist, glaube ich gut und gerne. Auch jedes Foto, jedes Video, jedes Lied, jeder Vortrag, jedes Outfit, jede Stimme, jedes Gefühl und jedes Buch. Das sind Mittel, um auf Menschen zu wirken.
Dass man damit Erfolg, unzählige Klicks, positives Feedback, Einladungen zu irgendwelchen Events und in Luisas Fall Mode geschenkt bekommt, ist ein schöner Nebeneffekt, sollte allerdings nicht das Ziel sein, denn das geht schief, so viel habe ich auch schon begriffen. Man kann nicht von Anfang an erwarten, dass alle gut finden, was man macht. Ich finde Menschen, die nur ihr Ding machen wollen, also das, was ihnen Spaß macht, und sich lediglich darüber freuen, dass sie so viel Aufmerksamkeit bekommen, sie aber nicht unbedingt gesucht haben, irgendwie viel sympathischer als Menschen, die von Anfang an darauf angelegt waren, so viele Klicks/Leser/Publikum/Follower wie möglich zu bekommen. Das macht doch dann auch keinen Spaß mehr!?
Wenn ich andere Blogs betrachte, achte ich zuallererst darauf. Tut der Blogger/die Bloggerin das, weil es ihm/ihr Spaß macht oder will er/sie bloß im großen Raum der Aufmerksamkeit mitmischen? Wenn ja, dann gefallen sie mir nicht, egal, worüber sie posten. Sollte das nicht der Fall sein und sie bloggen, weil es ihr Herzblut ist, weil sie es lieben, weil sie nicht ohne können, dann kommt die Sympathie bei mir automatisch.
Ich finde, Selbstinszenierung ist total vielfältig. Sie kann nerven, wie für mich persönlich bei Lady GaGa oder anderen überdrehten Leuten, die fälschlicherweise als Star bezeichnet werden, sie kann faszinieren wie bei meinen Lieblingsblogs, bzw. deren Autorinnen (auch die Luisa ist ganz vorne dabei), sie kann gefallen wie bei meinem Freund, sie kann überraschen wie bei mir selbst, da ich nie gedacht hätte, dass ich es erstens mal ein Jahr schaffe, über mein Leben zu schreiben, dass ich mich zweitens mittlerweile sogar im Ausland mehr oder weniger selbst inszeniere und dass ich drittens sogar meine Vergangenheit immer mehr von mir wegschieben kann. All das hat mir mein Blog gegeben und gezeigt, durch ihn entwickelt sich mein Leben weiter. Ich kann Luisa also schon verstehen, wenn sie sagt: "Mein Blog ist mein Leben." Ab einem bestimmten Punkt ist das so.
Es ist spannend, was das Internet alles mit einem anstellen kann. Auf Youtube konkurrieren Unterhalter wie Freshtorge oder Ytitty, auf Facebook rangelt sich jeder um die meisten Likes, selbst unter Bloggerinnen beginnt leider schon Neid, Arroganz und Gleichgültigkeit. Wenn man aus dem gleichen Grund etwas tut, sollte man sich doch zumindest helfen, negative unsachliche Kommentare sind da total fehl am Platz. Eigentlich muss man das nicht so verbissen sehen. Es herrscht kein Druck, sich selbst zu inszenieren. Ich denke, wenn man das aus Spaß macht, hat man immer noch mehr Erfolg als Leute, die es aus Trotz, Druck oder Neid machen.
Und deshalb, liebe Luisa, liebe ich Deinen Blog! :)
Ich habe leider etwas länger gebraucht als geplant. In den nächsten Tagen dann wieder meine Zusammenfassung zu Finnland und natürlich auch mein Fazit zu Irland!
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